Flora

Rund 4.000 Pflanzenarten sind auf der Baja California bekannt, davon etwa 700 endemisch, d. h. nur dort vorkommend.

Viele weitere Arten warten noch auf ihre Entdeckung. Wüsten, Meere und Berge schaffen viele „bio­logische Inseln“, auf denen unge­wöhnliche und skurrile Pflanzen wachsen. Botanisch gesehen gehört die Baja California zur Sonora-Wüste, eine extrem lebens­feind­liche Land­schaft für die Pflanzen dieser Lagen:

  • Weniger als 250 mm Regen pro Jahr und geringe Luft­feuchtig­keit
  • Hohe Luft- und Boden­tempera­turen sowie starke Temperatur­schwankungen im Tag/Nacht- und Jahres­verlauf
  • Starker Wind
  • Mineral­arme Böden so wie Boden­erosion durch Wind und Wasser

Allen voran im Kabinett der Raritäten stehen die in der Zentral­wüste behei­mateten Idrias oder Cirios. Mit den Cardónes, den Riesen­kakteen und Elefantenbäumen (s. unten) bilden sie dort das beherr­schende Pflanzen­kleid. Idrias gehören zu den Fouqieriaceae, einer Pflanzen­familie, die nur in Mexiko und im Süd­westen der USA vorkommt. Alle Mitglieder dieser Familie stellen bei Wasser­mangel das Wachstum ein und werfen die Blätter ab. Erst nach Regen­fällen sprießen kleine runde Blätter oft direkt vom Stamm und Blüten am Ende der Zweige. Bis 20 m hoch, wachsen Idrias wie umge­stülpte Riesen­karotten extrem langsam zu individuellen Formen, manchmal verzweigt oder in Bögen und Schleifen. Die größten Exemplare werden auf fast 400 Jahre Alter geschätzt.

Verwandte der Idrias sind der Ocotillo und Palo Adán. Während ersterer den Norden Baja Californias bewohnt, kommt der Palo Adán von der Bahía Concepcíon süd­wärts vor. Beide kann man leicht an den bis drei Meter langen dünnen und mit Dornen besetzten Zweigen erkennen, die peitschen­förmig aus dem Boden sprießen. Ab April sind sie mit Blättern und auf­fallenden roten Blüten bestanden – ein Fest­mahl für Kolibris. Als „lebender Zaun“ dienten beide Arten schon den Indianern zum Ein­grenzen oder zum Hütten­bau – einfach eine Reihe von abgebrochenen Zweigen in den Boden stecken und schon formt sich ein natür­licher stabiler Zaun.

Von den Agaven sind gut zwei Dutzend Arten in Baja (120 in Mexiko) bekannt, wie die im Norden behei­matete Küsten­agave und die Desert Agave im Landes­inneren. Generell als mescal bezeichnet, waren Agaven schon immer wichtige Nahrungs- und Nutz­pflanzen. Aus ihnen gewinnt man durch alkoho­lische Gärung Mescal und Tequila, das mexika­nische National­getränk. Andere Arten wie die Sisal-Agave liefern die bekannten reiß­festen Fasern für Seile und Netze. Agaven blühen nur einmal im Leben. Aus der Blatt­rosette am Boden treibt ein meter­hoher Blüten­stand. Danach stirbt die Pflanze ab und die Jung­pflanzen nehmen ihren Platz ein. Zu den Agaven gehören auch die Yuccas. Sie sind in Baja mit dem baum­förmig wachsenden Datilillo vertreten. Von weitem soll dieser einer Dattel­palme ähneln; daher der Name.

Bis zu sieben Meter hoch, mit 60 cm Stamm­durch­messer und oft in Gruppen stehend, sind Datilillos die Charakter­pflanzen der Vizcaíno-Wüste südlich von Guerrero Negro. Dicht an dicht gepflanzt, bilden auch sie lebende Zäune. Elefanten­bäume begnügen sich mit besonders kargem Boden und sind stets die Erst­besiedler auf dem Lava­gestein der Tres-Virgenes-Vulkane bei San Ignacio. Lokal werden sie als Torote oder Copalquín bezeichnet. Zu ihnen gehören mehrere Arten aus verschiedenen Pflanzen­familien. Ihre typischen Merk­male sind die gedrungene, nur wenige Meter hohe Wuchs­form mit starken, oft weiß­lichen Stämmen, von denen sich manchmal die Rinde abschält. Blätter erscheinen nur nach Regen­fällen. Viele Exemplare sind von Cuscuta, einem gelb­braunen, zu den Winden gehörenden Parasiten überzogen, der ihnen Nähr­stoffe entzieht. Elefanten­bäume tragen beeren­artige Früchte und manche enthalten wohl­riechende aroma­tische Öle. Ihr Holz – ebenso wie das des weit verbreiteten Brittle­bushes – ist langsam brennend und sorgte früher in den Kirchen für Weih­rauch. Palmen findet man auf der Baja nur in der Nähe von Wasser­stellen, in Trocken­fluss­tälern und Oasen. So die einhei­mische Blau­palme (Palma azul). Schöne Exemplare, kenntlich an den bläu­lichen Wedeln, findet man insbe­sondere in Cataviña. Oder die ebenfalls einhei­mische Palma Colorado. Sie bildet, gemischt mit den importierten Dattel­palmen, den Baum­bewuchs in den Oasen San Ignacio und Mulegé. Kokos­palmen wachsen – von den Mexikanern importiert – nur ganz im Süden in der Kap­region. Nicht wegzu­denken aus der Land­schaft der Baja und charakte­ristisch für die Sonora-Wüste sind die verschiedenen zu den Legu­minosen gehörenden Bäume. Ob Palo Verde, Palo Blanco, Palo Fierro oder Mezquite – die meisten sind stachel­bewehrt, haben ess­bare Bohnen­früchte, liefern hartes Nutz- und Brenn­holz und leben mitunter Hunderte von Jahren.

Faszinierend dabei die Anpassungen: Mezquites z. B. bleiben immer­grün und schicken Pfahl­wurzeln bis 30 m tief in den Boden, um das Grund­wasser anzu­zapfen. Während der größten Tages­hitze falten sie die Blättchen und schließen die Spalt­öffnungen, sodass keine Photo­synthese statt­findet. Palo Verdes dagegen haben kein tiefes Wurzel­system. In Trocken­zeiten werden die Blätter abgeworfen und die grüne Rinde übernimmt die Photo­synthese, bleiben die Blumen. Oft über Jahre nicht sichtbar, überleben sie im Samen­stadium und schon einige Regen­tropfen reichen aus, ein buntes Blüten­meer hervor­zu­zaubern. Die sonst so ausge­dörrte Land­schaft liegt dann unter einem Teppich aus Lupinen, Korb­blütlern, Sand­verbenen, Winden und unzähligen anderen Farb­tupfern. Dazwischen leuchtet das Gelb der blühenden Mezquites, Palo Verdes und Brittle­bushes – ein intensiver, leider viel zu kurz­lebiger Wüsten­traum.